Multitasking: Sind Menschen multitaskingfähig?

Multitasking
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Von Dr. med. Oliver Said nach hohen wissenschaftlichen Standards geprüft.

Info

Multitasking beschreibt die Fähigkeit, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten, um so effizient Probleme zu lösen. Oder ist es doch eher die Fähigkeit, schnell Probleme zu erschaffen?

Denn: Nicht einmal die meisten Computer sind multitaskingfähig, sie arbeiten Probleme nacheinander ab — nur viel schneller als der Mensch. Gibt es echtes Multitasking also überhaupt und wenn ja, macht es wirklich produktiver?

Wir erklären Dir, was Multitasking ist und wie Du produktiver arbeiten kannst.

Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist Multitasking?

Multitasking ist ein Begriff aus der Computertechnik und beschreibt die Fähigkeit, mehrere Aufgaben (englisch: multiple tasks) zeitgleich zu bearbeiten.

Dieses Konzept ist längst auf den Menschen übertragen worden. Hier sind ein paar Multitasking-Beispiele:

  • Du kochst, während Du mit einem Freund telefonierst, der Fernseher läuft und Du ein Auge auf Dein vierjähriges Kind hast.

  • Du isst Dein Abendessen, während Du die Nachrichten im Fernsehen verfolgst.

  • Du hörst einen Podcast beim Autofahren.

So soll es gute und schlechte Multitasker geben und Menschen, denen die genannten Beispiele einfacher fallen als anderen. Einige behaupten sogar, dass sie dank Multitasking effizienter und produktiver arbeiten. Aber stimmt das wirklich?

Sind Menschen multitaskingfähig?

Wir bleiben bei unserem Technik-Beispiel: Wenn Du diesen Artikel auf Deinem Computer oder Deinem Smartphone liest, hast Du vielleicht das Gefühl, dass das Gerät im Hintergrund mehrere Aufgaben gleichzeitig bewerkstelligt: zum Beispiel Benachrichtigungen über eingegangene E-Mails, das Umspringen der Uhr und die Akkuanzeige. In Wahrheit bearbeitet das Betriebssystem die Tasks aber nacheinander — jedoch so schnell, dass der Eindruck von echtem Multitasking erweckt wird.

Der Mensch ist tatsächlich nicht anders: Das menschliche Gehirn kann seinen Fokus nämlich immer nur auf eine Tätigkeit legen.[1] Sobald Du mehrere Dinge gleichzeitig bearbeitest, springt Deine Aufmerksamkeit automatisch zwischen den Aufgaben hin und her.

Multitasking ist also unmöglich, richtig? Nicht ganz: Die Ausnahmen sind nämlich Routineaufgaben, die nicht unsere direkte Aufmerksamkeit benötigen.

So muss man nach einigen Jahren Fahrpraxis wohl kaum noch aktiv darüber nachdenken, wann man schaltet und wo der Schleifpunkt bei der Kupplung ist. Bei solchen Gewohnheiten ist also eine Form des Multitaskings möglich: Du kannst ohne Probleme an der Ampel anfahren und ein Gespräch mit Deinem Beifahrer führen.

Können Frauen besser multitasken als Männer? Der Mythos, Frauen könnten besser multitasken als Männer, ist tatsächlich nichts weiter als das – ein Mythos. Das haben mittlerweile mehrere Studien belegt.[2]

Multitasking-Studie: Wie viel geht wirklich gleichzeitig?

Clifford Nass von der Stanford University untersuchte selbsternannte Multitasker und bestätigt wie viele andere Studien die Vermutung: Multitasking existiert nicht. So ließen sich die Probanden seiner Studie deutlich häufiger von einer Aufgabe ablenken, als eine Vergleichsgruppe, die selten Multitasking betreibt.

Ergebnis: Die menschliche Aufmerksamkeit ist nicht teilbar. Wir sind schlicht nicht dazu im Stande, mehrere konzentrationsfordernde Aufgaben zeitgleich zu bewältigen. Die Folge ist, wer dennoch Multitasking versucht, springt zwischen den Aufgaben hin und her. Damit vergeudet man nicht nur Zeit, sondern senkt auch die Qualität seiner Tätigkeiten.[3]

Multi Tasking Bedeutung

Multitasking-Nachteile: Ist Multitasking schädlich?

Die menschliche Aufmerksamkeit ist also nicht teilbar. Wir sind schlicht nicht dazu im Stande, mehrere komplexe Aufgaben zeitgleich zu bewältigen. Multitasking-Studien zeigen: Solltest Du es dennoch versuchen, brauchst Du sogar länger, als wenn Du die Aufgaben nacheinander erledigen würdest.[1]

Aber Multitasking macht nicht nur unproduktiver. Weitere negative Folgen sind:

  • Verminderte Reaktions- und Aufnahmefähigkeit: In einer Studie haben Probanden mehr als doppelt so häufig rote Ampeln übersehen, wenn sie gleichzeitig telefonierten.[4]

  • Stress: Die psychische Belastung erhöht das Burnout-Risiko und kann körperliche Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen verursachen.[5]

  • Schlechtere Gedächtnisleistung: In einer Studie wurde herausgefunden, dass selbsternannte Multitasker deutlich schlechter Informationen behalten konnten als die Kontrollgruppe.[3]

  • Psychische Veränderungen: Studien zufolge erhöht häufiges Multitasking das Risiko für Depressionen und Angststörungen.[6]

Multitasking vermeiden: 5 wertvolle Tipps für mehr Produktivität

Wer hingegen seine Produktivität steigern will, sollte auf Multitasking besser verzichten und stattdessen seine Aufgaben nacheinander und mit voller Konzentration abarbeiten. Die folgenden 5 Tipps können Dir helfen, in weniger Zeit mehr zu schaffen.

1

Motivation und Leidenschaft

Es gibt Menschen, deren Tag scheinbar 30 Stunden lang ist. Ihre Produktivität scheint um Meilen höher zu sein als die eigene. Obwohl Menschen wie Elon Musk, Bill Gates und Jeff Bezos keinesfalls Übermenschen sind, haben sie dennoch eine Gemeinsamkeit: Sie folgen ihrer Leidenschaft.

Wer das nicht macht, wird sich schwertun, dasselbe hohe Niveau an Motivation zu erreichen und daher auch Produktivität einbüßen. Das heißt nicht, dass Du sofort Deinen Job kündigen solltest. Überlege Dir einfach, was Deine Leidenschaft ist und gehe ihr nach. So kann sich aus Deinem Wochenend-Hobby vielleicht schon bald eine neue Berufung entwickeln.

Um loszulegen, muss man aufhören zu Reden und anfangen zu Handeln.

Walt Disney (Trickfilmzeichner und Filmproduzent)
2

Verwende das Eisenhower-Prinzip

Nur weil Du viel machst, heißt das nicht, dass Du automatisch auch viel erreichst. Um produktiv zu arbeiten, kann es helfen, Deine Aufgaben der Wichtigkeit und Dringlichkeit nach zu priorisieren.

Schreibe dafür all Deine Aufgaben für einen bestimmten Zeitraum (beispielsweise eine Woche) auf eine To-do-Liste. Danach priorisierst Du die Aufgaben, indem Du sie nach dem Eisenhower-Prinzip in vier Quadranten einteilst:

Eisenhower Prinzip Multitasking

Die Reihenfolge Deiner Aufgaben ist nun selbsterklärend: Du fängst mit den wichtigen und dringlichen Aufgaben an und hörst bei den unwichtigen und nicht dringlichen Aufgaben auf, sofern Du dafür Zeit hast.

Was wichtig ist, ist nicht immer dringend, und was dringend ist, ist nicht immer wichtig.

Dwight D. Eisenhower (34. Präsident der Vereinigten Staaten)
3

Vermeide Perfektionismus

Eine saubere Arbeit ist zwar immer sinnvoll, übermäßiger Perfektionismus ist aber meistens unproduktiv. Bearbeite Deine Aufgaben also lieber nach dem Pareto-Prinzip, auch bekannt als 80-20-Regel. Dieses Prinzip besagt, dass sich mit 20 Prozent Aufwand 80 Prozent der Ergebnisse erzielen lassen. So kannst Du viel Zeit sparen und deutlich produktiver arbeiten.

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4

Bewege Dich mehr

Sport ist nicht nur hilfreich, um Deinen Körper zu stählen: Mehrere Studien haben gezeigt, dass ein erhöhter Muskeltonus und geringerer Body-Mass-Index mit einer erhöhten Produktivität zusammenhängen.[7]

Die World Health Organization (WHO) empfiehlt Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche moderat körperlich aktiv zu werden, beispielsweise mit Wasser-Aerobic oder Fahrradfahren.[8]

Für mehr Bewegung am Arbeitsplatz solltest Du Dich an die 40-15-5 Regel halten. Das heißt, dass Du pro Stunde

So kannst Du auch kleinere Trainingseinheiten in Deinen Arbeitsalltag einbauen, wie beispielsweise dieses kurze Schreibtisch-Workout von unserem YouTube-Kanal:

5

Lege häufiger Pausen ein

Du schuftest den ganzen Tag und hast dennoch das Gefühl, dass Du effizienter arbeiten könntest? Möglicherweise stimmt das: Kleinere Pausen während der Arbeit können nämlich nachweislich die Produktivität anregen.[9] Also baue doch häufiger einen kleinen Spaziergang oder eine kurze Meditation in Deinen Arbeitsalltag ein, um danach wieder mit klarem Kopf weiterzumachen.

Pomodoro-Technik: Die sogenannte Pomodoro-Technik kann Dir helfen, Deine Zeit effizienter zu nutzen. Dafür arbeitest Du fokussiert für 25 Minuten, gefolgt von einer fünfminütigen Pause. Nach vier dieser Zeitblöcke legst Du eine längere Pause von 15 bis 20 Minuten ein. Mit solchen effektiven Zeitmanagement-Methoden schaffst Du es noch produktiver zu sein und Deine Ziele schneller zu erreichen.

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Fazit

Multitasking ist ein Mythos: Es ist nicht möglich, mehrere komplexe Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten. Einzige Ausnahme sind eingefleischte Bewegungsabläufe wie Autofahren oder Essen – wo Du Dir aber auch überlegen solltest, ob Du Dein Brötchen vielleicht mehr genießt, wenn Du ihm die volle Aufmerksamkeit schenkst.

Du solltest also aufs Multitasking verzichten – so arbeitest Du schneller und hast nach getaner Arbeit mehr Zeit, Dich den schönen Dingen des Lebens zu widmen.

Hast Du andere Methoden, um produktiv zu arbeiten? Dann schreib uns doch mal in den Kommentaren!

Bildcredits: Daxiao_Productions/Depositphotos.com, IgorTishenko/Depositphotos.com

[1] Madore KP, Wagner AD. Multicosts of Multitasking. Cerebrum. 2019 Apr 1;2019:cer-04-19. PMID: 32206165; PMCID: PMC7075496.

[2] Hirsch P, Koch I, Karbach J. Putting a stereotype to the test: The case of gender differences in multitasking costs in task-switching and dual-task situations. PLoS One. 2019 Aug 14;14(8):e0220150. doi: 10.1371/journal.pone.0220150. PMID: 31412048; PMCID: PMC6693743.

[3] Ophir E, Nass C, Wagner AD. Cognitive control in media multitaskers. Proc Natl Acad Sci U S A. 2009 Sep 15;106(37):15583-7. doi: 10.1073/pnas.0903620106. Epub 2009 Aug 24. PMID: 19706386; PMCID: PMC2747164.

[4] Strayer DL, Johnston WA. Driven to distraction: dual-Task studies of simulated driving and conversing on a cellular telephone. Psychol Sci. 2001 Nov;12(6):462-6. doi: 10.1111/1467-9280.00386. PMID: 11760132.

[5] Mark, Gloria & Wang, Yiran & Niiya, Melissa. (2014). Stress and multitasking in everyday college life: An empirical study of online activity. Conference on Human Factors in Computing Systems - Proceedings. 10.1145/2556288.2557361.

[6] Becker, M.W., Alzahabi, R., & Hopwood, C.J. (2013). Media Multitasking Is Associated with Symptoms of Depression and Social Anxiety. Cyberpsychology, behavior and social networking, 16 2, 132-5.

[7] Sjøgaard G, Christensen JR, Justesen JB, Murray M, Dalager T, Fredslund GH, Søgaard K. Exercise is more than medicine: The working age population's well-being and productivity. J Sport Health Sci. 2016 Jun;5(2):159-165. doi: 10.1016/j.jshs.2016.04.004. Epub 2016 Apr 7. PMID: 30356522; PMCID: PMC6188718.

[8] World Health Organization. Physical activity. URL: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/physical-activity. Letzter Abruf: 02.09.22

[9] Ariga A, Lleras A. Brief and rare mental "breaks" keep you focused: deactivation and reactivation of task goals preempt vigilance decrements. Cognition. 2011 Mar;118(3):439-43. doi: 10.1016/j.cognition.2010.12.007. Epub 2011 Jan 5. PMID: 21211793.


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