Spinalkanalstenose: Ursachen, Symptome und Übungen bei einem engen Wirbelkanal


Von Prof. Dr. rer. medic. Alfred Rucker nach hohen wissenschaftlichen Standards geprüft.
Bei einer Spinalkanalstenose kommt es zu einer Verengung des Wirbelkanals. Dadurch können die darin gelegenen Nervenbahnen zusammengedrückt werden, wodurch häufig Schmerzen und verschiedene Empfindungsstörungen entstehen.
In diesem Artikel erklären wir Dir, was eine Spinalkanalstenose ist, welche Übungen bei einer Spinalkanalverengung in der HWS und LWS helfen können und wann eine OP sinnvoll sein kann.
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Definition: Was ist eine Spinalkanalstenose?
Um zu verstehen, was eine Spinalkanalstenose (auch bekannt als Spinalstenose) ist, sollten wir uns zunächst den Aufbau der Wirbelsäule anschauen: In Deiner Wirbelsäule gibt es den sogenannten Wirbelkanal, auch Spinalkanal genannt, der von der Halswirbelsäule bis zum Kreuzbein reicht. In ihm verläuft das Rückenmark, aus dem die Spinalnerven austreten.

Anatomie der Wirbelsäule. Rückenmark mit Spinalnerven (blau) entlang des Spinalkanals.
Bei einer Spinalkanalstenose kommt es zu einer Verengung (Stenose) des Spinalkanals. Obwohl die Spinalkanalstenose prinzipiell den gesamten Spinalkanal betreffen kann, tritt sie am häufigsten im Lumbalbereich, also der LWS (Lendenwirbelsäule), auf.[1] Etwas seltener kommt es zu einer Spinalkanalstenose der HWS (Halswirbelsäule).[1]
Neben der zentralen Verengung des Spinalkanals kann die Stenose auch folgendermaßen auftreten:[1,2]
Recessusstenose: Verengung des Recessus lateralis, also der dünnen Rinne, durch den die Wurzeln der Spinalnerven verlaufen.
Foraminalstenose: Stenose der Foramina intervertebralia, also der Austrittsstellen der Spinalnerven aus dem Spinalkanal.
Ursachen für eine Spinalkanalverengung
Meistens sind degenerative Veränderungen der Wirbelsäule verantwortlich für die Spinalkanalstenose – nur selten sind angeborene Fehlstellung oder andere Erkrankungen der Grund.[2-5] Die häufigsten Ursachen einer Spinalkanalstenose, die entweder einzeln oder in Kombination auftreten können, haben wir Dir hier zusammengestellt:[2-5]
Bandscheibenvorwölbung: Mit zunehmendem Alter werden Bandscheiben instabiler und dadurch flacher und breiter. Dadurch können sich Teile der Bandscheibe in den Spinalkanal vorwölben und so Beschwerden verursachen.
Wirbelgleiten: Durch die Höhenminderung der Bandscheiben lockern sich die stabilisierenden Bänder zwischen den Wirbeln. Dadurch verliert die Wirbelsäule an Stabilität und die Wirbel können sich leichter verschieben. Das erhöht wiederum die Belastung auf die Wirbelgelenke und somit das Arthroserisiko.
Arthrose: Bei einer Arthrose bilden sich an den Gelenken der Wirbelsäule knöcherne Randanbauten und im fortgeschrittenen Stadium auch Knochenzysten. Diese können in den Spinalkanal einstrahlen und somit Beschwerden verursachen.
Verdickte Bänder: Mit zunehmendem Alter können sich die Bänder der Wirbelsäule verdicken und somit den Spinalkanal einengen.

Spinalkanalstenose: Links: Unauffälliger Spinalkanal. Rechts: Stenose durch strukturelle Veränderungen mit Vorwölbung der Bandscheibe, Verdickung des Wirbelbandes und arthrotischen knöchernen Ausziehungen.
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Spinalkanalstenose-Symptome: Wo hat man Schmerzen?
Die Spinalkanalstenose kann verschiedene Beschwerden verursachen, aber auch vollkommen beschwerdefrei verlaufen.[3,4] Es gibt zwei klassische Symptome einer Spinalkanalstenose, die sich abhängig vom Ort der Verengung unterschiedlich manifestieren können:[2,4,6]
Schmerzen: Bei der Spinalkanalstenose der LWS entstehen dabei häufig Rückenschmerzen, die ein- oder beidseits in das Gesäß und die Beine ausstrahlen können. Bei einer Spinalkanalverengung der HWS treten wiederum häufig Nackenschmerzen sowie Schmerzen in den Armen und Beinen auf.
Empfindungsstörungen: So kann eine Spinalkanalstenose der LWS beispielsweise Kribbeln, Taubheits-, Schwere- und Schwächegefühle in den Beinen verursachen.
Bei einer Verengung der HWS sind unter anderem Gleichgewichtsstörungen, Schwindel, Gangunsicherheit sowie Schwächegefühle und andere Empfindungsstörungen der Extremitäten möglich. Einige Betroffene beschreiben beispielsweise Probleme beim Greifen oder Schreiben.
In schweren Fällen kann eine Spinalkanalstenose auch zu Harn- und Stuhlinkontinenz führen.[7]
Verschlimmerung der Beschwerden durch bestimmte Aktivitäten
Diese Beschwerden sind klassischerweise stark bewegungsabhängig: Der Spinalkanal wird nämlich enger, sobald sich Betroffene nach hinten lehnen und weiter, wenn sie sich nach vorne beugen – weswegen manche Aktivitäten auch unangenehmer sind als andere.
So ist längeres Laufen, Stehen und Bergabgehen für Betroffene häufig schmerzhaft – Sitzen, Liegen, Fahrradfahren und Treppensteigen ist dagegen häufig kein Problem.[2,3,5] Der Zustand, dass die Beschwerden erst nach einer bestimmten Gehstrecke auftreten und nach einer Ruhepause wieder verschwinden, wird auch als Claudicatio spinalis bezeichnet.[2]
Nicht jede Spinalkanalstenose macht Beschwerden: In einer Studie hatten ungefähr 20 Prozent der über 60-Jährigen eine radiologisch nachweisbare lumbale Spinalkanalstenose – 80 Prozent von ihnen waren aber vollkommen symptomfrei.[8]
Diagnose einer Spinalkanalstenose
Im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung fragt Dich Dein Arzt meistens zunächst nach Deiner Krankengeschichte. Daraufhin folgt in der Regel die körperliche Untersuchung, in der Dein Arzt beispielsweise testet, ob die Schmerzen schlimmer werden, wenn Du Dich zurücklehnst – ein klassischer Hinweis auf eine Spinalkanalstenose.[1,9]
Radiologische Untersuchungen bei Spinalkanalstenose: MRT, Röntgen oder CT
Daraufhin wird häufig eine radiologische Untersuchung durchgeführt, um die Veränderungen der Wirbelsäule darzustellen: Das Mittel der Wahl ist die MRT (Magnetresonanztomografie). Es können aber auch Röntgen- oder CT (Computertomografie)-Untersuchungen erforderlich sein.[1,2,3,6]
Häufig werden Röntgenuntersuchungen verwendet, um sogenannte Funktionsaufnahmen anzufertigen: Dabei werden Röntgenbilder bei Beugung nach vorne und nach hinten erstellt, um eine mögliche Instabilität der Wirbelsäule darzustellen.[1,2,3,6]
Radiologische Gradeinteilung der Spinalkanalstenose: Ein Spinalkanal-Durchmesser von zehn bis zwölf Millimeter wird als relative Stenose bezeichnet, ein Durchmesser von weniger als zehn Millimetern ist eine absolute Stenose.[1,10]
Behandlung: Was hilft wirklich bei einer Spinalkanalstenose?
Eine Spinalkanalstenose kann entweder operativ oder konservativ (also ohne Operation) behandelt werden. Laut derzeitiger Studienlage ist jedoch nicht gesichert, welche der beiden Behandlungsmethoden effektiver ist.[11]
Ein Nachteil der konservativen Methoden ist, dass die wenigsten von ihnen bislang ausführlich wissenschaftlich untersucht wurden.[12] Vorteile sind wiederum, dass sie keine nennenswerten Nebenwirkungen haben und vielen Betroffenen bereits helfen konnten.[11]
Wie gefährlich ist eine Spinalkanalstenose-OP? Studien zufolge entstehen bei zehn bis 24 Prozent der Operationen Komplikationen.[11]
Die derzeitigen Leitlinien empfehlen deswegen, dass Du zunächst die konservativen Behandlungsmethoden verwenden solltest. Eine Operation sollte erst nach fehlgeschlagenen konservativen Methoden erfolgen oder wenn Deine Beschwerden sehr ausgeprägt sind.[1]
Konservative Methoden
Bewegung ist eine hervorragende Methode, um die Beschwerden zu lindern.[2,4-7] Bei der Spinalkanalstenose im Lumbalbereich werden dabei im Rahmen einer Krankengymnastik neben einer Kräftigung der Rücken- und Bauchmuskeln mobilisierende Übungen verwendet, um möglichst aktiv und belastbar zu bleiben.[1,2,13]
Obwohl weitere Studien folgen müssen, können Dir Stützhilfen in Deinem Alltag helfen, Deine Beschwerden zu lindern.[1,2,3,6] Für die Spinalkanalstenose der LWS gibt es beispielsweise spezielle Stützkorsetts für den unteren Rücken.[1,2,3]
Trotz ebenfalls unzureichender wissenschaftlicher Nachweise beschreiben viele Betroffene eine Beschwerdelinderung durch die lokale Anwendung von Wärme sowie durch Massagen.[2,14]
Außerdem können unterschiedliche Medikamente verwendet werden, insbesondere Schmerzmittel und entzündungshemmende Mittel sowie eine lokale Spritzentherapie mit Kortison und Anästhetika.[1,2,3,7]

Stützkorsett zur Unterstützung des unteren Rückens
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Operative Behandlung
Bei der operativen Behandlung wird in der Regel eine sogenannte Dekompression eingesetzt, bei der die einengende Ursache entfernt wird, um den Spinalkanal zu entlasten.[1,3,4,6] Gegebenenfalls wird die Wirbelsäule während der Operation zusätzlich mechanisch stabilisiert, beispielsweise indem Deine Wirbelkörper miteinander verschraubt werden – obwohl die Effektivität der Methode nicht ausführlich untersucht ist.[1,6,15]
Übungen bei einer Spinalkanalstenose für zuhause
Du möchtest etwas gegen Deine Beschwerden unternehmen? Dann solltest Du selbst aktiv werden: Dafür haben wir Dir einige Übungen zusammengestellt, mit denen Du Deine Beschwerden in der LWS und der HWS lindern kannst.
Beachte: Die folgenden Übungen ersetzen nicht die ärztliche oder therapeutische Behandlung. Bei Beschwerden solltest Du unbedingt einen Arzt aufsuchen.
2 Übungen bei einer Spinalkanalstenose der LWS
Aktivierung an der Wand

Lehne Dich an eine Wand. Deine Knie sind leicht gebeugt.
Schiebe jetzt Dein Schambein leicht nach oben, sodass der untere Rücken gegen die Wand gepresst wird.
Halte diese Position für 20 Sekunden.
Falls Du die Übung noch anspruchsvoller machen willst, kannst Du Deine Beine alternativ auch ausstrecken.
Wirbelsäulendehnung

Für diese Übung verwenden wir einen elektrisch höhenverstellbaren Schreibtisch. Du kannst aber auch eine andere gerade Oberfläche verwenden.
Lege Dich mit Deinem Oberkörper auf eine hohe, gerade Oberfläche. Zur Polsterung kannst Du ein Handtuch unterlegen. Halte Dich gut fest, damit Du nicht herunterfällst. Die Beine hängen locker in der Luft. Die Beckenknochen liegen auf der Oberflächenkante.
Halte diese Position für 15 bis 20 Sekunden.
2 Übungen bei einer Spinalkanalstenose der HWS
Kinnschub
Sitze aufrecht. Dein Blick ist nach vorne gerichtet. Platziere einen Zeige- und Mittelfinger auf Deinem Kinn.
Schiebe Dein Kinn mit den Fingern sanft nach hinten, sodass ein Doppelkinn entsteht. Dein Hals ist gestreckt.
Halte diese Position für 5 Sekunden.
Nackendehnung
Setze Dich auf einen Stuhl. Mit der linken Hand greifst Du hinten unter Deine Sitzfläche. Deine linke Schulter bleibt gesenkt.
Neige Deinen Kopf nach rechts. Bewege Dein Kinn dabei in Richtung Deiner linken Brust, bis Du eine Dehnung in der linken Nackenmuskulatur spürst. Unterstützend kannst Du mit Deiner rechten Hand sanft auf Deine linke Schläfe drucken.
Halte diese Position für 30 Sekunden bis eine Minute. Wechsle danach die Seite.
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Fazit: Kann man mit einer Spinalkanalstenose leben?
Die Antwort ist ein klares Ja. Mit den richtigen Methoden kannst Du Deine Beschwerden lindern. Dafür solltest Du zunächst einen Arzt aufsuchen, um eine passende Diagnose und Behandlungsempfehlung zu erhalten.
Eine Operation ist aber häufig nicht notwendig: In den allermeisten Fällen solltest Du nämlich zunächst Übungen und andere konservative Methoden anwenden, bevor überhaupt eine Operation in Betracht gezogen wird.
Hast Du noch weitere Tipps, mit denen Du Deine Beschwerden lindern konntest? Schreib uns doch mal in den Kommentaren!
Bildcredits: katrinaelena/Depositphotos.com, Alexmit/Depositphotos.com, Axel_Kock/Depositphotos.com, belahoche/Depositphotos.com
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[1] Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Spezifischer Kreuzschmerz. URL: https://register.awmf.org/assets/guidelines/033-051l_S2k_Spezifischer_Kreuzschmerz_2018-02-abgelaufen.pdf. Letzter Abruf: 20.12.22
[2] Breusch S, Clarius M, Mau H, Sabo D. Klinikleitfaden Orthopädie Unfallchirurgie 9. Auflage. Elsevier. 2019.
[4] MSD Manual. Cervical Spinal Stenosis. URL: https://www.msdmanuals.com/professional/musculoskeletal-and-connective-tissue-disorders/neck-and-back-pain/cervical-spinal-stenosis. Letzter Abruf: 11.01.23
[7] Cleveland Clinic. Spinal Stenosis. URL: https://my.clevelandclinic.org/health/diseases/17499-spinal-stenosis#symptoms-and-causes. Letzter Abruf: 16.01.23
[9] Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Lumbale Radikulopathie. URL: https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-058l_S2k_Lumbale_Radikulopathie_2018-04.pdf. Letzter Abruf: 20.12.2022
[13] Thieme. Die Spinalkanalstenose – ein Überblick. URL: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/s-0043-124531#N10AC5. Letzter Abruf: 16.01.23