016 - Interview mit Andrea Länger

Im Interview mit Ergotopia Key Account Manager Marco Weber beantwortet Dir Andrea Länger wichtige Fragen rund um das Thema Gesundheit und Stressreduktion im Beruf. Außerdem erfährst Du, warum Lebenslust so wichtig für Dein Wohlbefinden ist.

Hör jetzt rein!

Shownotes

Interview mit Andrea Länger

Frage 1: Was sind Ihre Hauptkritikpunkte bezüglich der heutigen Arbeitswelt, die gegen Gesundheit und Lebenslust arbeiten?

  • Die heutige Arbeitswelt orientiert sich stark an Maximen des Mangagements (z.B. finanzieller Erfolg, Wachstum, Optimierung der Abläufe, Effizienz, technische Lösungen). Diese Maximen gelten in allen Bereichen der Arbeitswelt.

  • Digitalisierung verstärkt Werte und Vorstellungen von unserer Arbeitswelt (z.B. Geschwindigkeit von Arbeitsabläufen und Informationen).

  • Werte und Maximen stehen jedoch konträr zu unserem biografischen Leben und gesundheitlichen Entwicklungen.

  • Jeder Mensch unterliegt bestimmten Lebensphasen (Trennung, Krankheit, Glück, Scheitern etc.), Reifungs- oder Alterungsprozessen. Diese finden in Arbeitsprozessen oftmals keine Berücksichtigung, wodurch es zu gesundheitlichen Belastungen kommt.

Frage 2: Durch die Digitalisierung erleben wir auf der einen Seite Beschleunigung. Auf der anderen Seite suchen Menschen bewusst nach Entschleunigung (z.B. Digital Detox). Sind Ihre genannten Punkte Mitgründe, warum diese Phänomene ins Leben gerufen werden?

  • Im Vergleich zur damaligen Zeit wird heute immer häufiger die Frage gestellt, wie man besser abschalten und mehr Zeit für sich haben kann. Diese Frage ist daran gekoppelt, wie man die heutige Informationsflut eindämmen kann.

  • Das häufiger auftretende Bedürfnis alleine zu sein ist begrüßenswert. Auch Langeweile ist wichtig, da man dadurch den Impuls aus sich selbst heraus spürt, aktiv zu werden. Das wirkt der Fremdsteuerung entgegen.

  • Man sollte sich auch die Frage stellen: Was hält mich bei der Arbeit gesund? Hier spielen die Atmosphäre im Unternehmen und soziale Aspekte eine wichtige Rolle.

Frage 3: Was sind Ihrer Meinung nach weitere nötige Kompetenzen zur Stressbewältigung und was ist besonders wichtig im Umgang mit Druck oder Stress am Arbeitsplatz?

  • Das “Einzelkämpfertum” zu reduzieren und es nicht als Schwäche zu sehen, gelegentlich nach Unterstützung zu bitten. Das fällt vielen Menschen schwer. Dabei macht gegenseitige Unterstützung das ganze Team besser.

  • Außerdem kann man sich im Unternehmen öfter die Frage stellen: Was können wir besser machen? Wie geht es uns eigentlich gerade? Wie arbeiten wir miteinander? Was brauche ich?

Frage 4: Warum haben so viele Menschen Angst davor, nach Unterstützung zu fragen? Hat das etwas mit dem Selbstwert zu tun oder geht es darum, ständig eigene Leistung erbringen?

  • Dafür gibt es zwei Hauptgründe. Zum einen liegt es am Perfektionismus. Vielen Menschen fällt es schwer, sich Fehler zu erlauben. Perfektionismus steht allerdings Gelassenheit entgegen und treibt ständig an.

  • Perfektionismus behindert teilweise innovative Ideen, da diese auch Fehler oder Scheitern erfordern.

  • Zum anderen können viele Menschen nicht nein sagen. Wir unterliegen einem starken Anspruch, gemocht zu werden und vermeiden deswegen oftmals Konflikte.

Frage 5: Was bedeutet es aus Ihrer Sicht Lebenslust zu haben?

”Lebenslust ist für mich ein Teil von Gesundheit.”

Andrea Länger
  • Gesundheit geht eng mit der Frage “Worauf habe ich Lust?” einher. Lebenslust ist mit unterschiedlichen Lustmomenten verbunden.

  • Lebenslust bedeutet auch die Fähigkeit, täglich im Moment innehalten zu können und sich die Frage zu stellen: Was brauche ich jetzt?

  • Wichtig sind auch die Fragen: Was bedeutet für mich Lebenslust und was ist für mich der Lebenssinn? Was möchte ich und was nicht mehr? Was ist für mein Leben wichtig? Was brauche ich, um wieder in lustvolle Gefühle und in eine gewisse Leichtigkeit hineinzukommen?

  • Lebenslust geht nicht mit “müssen” einher, da das Druck bedeutet (z.B. “Ich muss mich viel bewegen oder immer gesund ernähren”). Es geht auch darum, sich gelegentlich etwas zu erlauben und sich an diesen Lustmomenten zu erfreuen (z.B. ein Prosecco mit einer Freundin genießen).

Frage 6: Ist es auch wichtig, dass man sich Lebenslustrituale erschafft und diese terminiert?

  • Selbst, wenn wir Lebenslust-Aktivitäten terminiert haben, sollten wir uns an diesem Tag nochmal fragen: Passt die geplante Aktivität immer noch zum heutigen Tag? Was ist für mich heute wichtig?

  • Lebenslust bedeutet Aktivitäten nachzugehen, die einem selbst Spaß machen. Das bedeutet gleichzeitig, sich von Erwartungen zu emanzipieren.

Frage 7:: Wie kann man sich an den eigenen authentischen Weg zurückerinnern? Daran, was man selbst will – also nicht das, was man von der Gesellschaft “aufgetragen” bekommen hat?

  • Es ist wichtig, ein paar Tage nur für sich selbst zu haben. Beispielsweise kann man mal an einem Wochenende nichts ausmachen, um vollkommen “in sich” zu bleiben.

  • Erst dann kann man in sich hineinspüren und herausfinden: Was habe ich für einen Impuls? Was will ich heute?

  • Auch die Zeit vorm Schlafengehen eignet sich perfekt, um innezuhalten und zu sich zu kommen (z.B. durch das Tagebuchschreiben, bewusstes Reflektieren).

  • Zur Lebenslust gehört auch, mit einer gewissen Distanz auf das Leben zu schauen.

Frage 8:: Sie sprechen in Ihren Büchern von den Begriffen “Selbstfürsorge” und “Psychohygiene.” Was verstehen Sie genau darunter?

  • Psychohygiene bedeutet, sich bewusst abgrenzen zu können. Beispielsweise nach der Arbeit keine negativen Gedanken mit nach Hause zu nehmen und sich von Negativität abzukapseln.

  • Rituale oder Übungen tragen zur Psychohygiene und Selbstfürsorge bei (z.B. Feierabendrituale).

  • Wir müssen lernen, unsere Grenzen anzuerkennen.

Frage 9: Welchen einen Tipp würden Sie Arbeitgebern- und nehmern bezüglich Stressminimierung und Gesundheit geben?

  • Beide sollten sich regelmäßig fragen, wie es ihnen gerade geht. Dadurch bleibt ein gegenseitiges Vertrauen und Miteinander erhalten.

  • Außerdem sollte man regelmäßig bewusst wahrnehmen, wo die jeweils andere Person gerade steht. Besonders als Führungskraft ist es wichtig zu wissen, wie es den Mitarbeitern geht. Wir bewegen uns viel zu häufig nur auf der Sachebene.

  • Es sollten auch Zwischenstufen zwischen “gesund sein” und “krank sein” existieren dürfen. Schwäche sollte nicht nur als negative Marke gesehen werden.

  • Im Unternehmen sollten wir uns mehr miteinander um unsere Gesundheit sorgen.

Frage 10: Welche drei Bücher können Sie unseren Zuhörern und Zuhörerinnen empfehlen?

  • Frau Länger möchte eher einen praktische Aufgabe an unsere Zuhörer und Zuhörerinnen mitgeben: Überlege Dir heute noch drei Dinge, die Lebenslust für Dich bedeuten.

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